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im Biologie-Leistungskurs der Jahrgangsstufe 12
Die Zucht des Deutschen Boxers unter besonderer Berücksichtigung der
Weißscheckung

Elsa von der Burg Medinghoven 215701
Vorgelegt von

Sabine Bauer

im April 2001

Inhaltsangabe

I.  Einleitung
II. Hauptteil
            1. Der weiße Boxer im Wandel der Zeiten
1.1. Ahnen des Deutschen Boxers
1.2. Geschichte des weißen Boxers
1.3. Heutige Situation des weißen Boxers
            2. Farbgenetik
2.1. Erbgang der weißen Farbe
2.2. Biochemische Entstehung der weißen Farbe
3. Zusammenhang zwischen der weißen Farbe und gesundheitlichen
    Problemen
3.1. Allgemein
3.2. Taubheit und Blindheit
III.Schluss
IV.Literatur- und Quellenverzeichnis
I. 
Einleitung
In der Boxerzucht nimmt die Zahl der zuchtfähigen Tiere immer mehr ab, da zunehmend wegen Gesundheitsproblemen selektiert werden muss.
Ein Deutscher Boxer, der heute in die Zucht eingehen soll, muss auf Hüftgelenksdysplasie (HD), kongenitale Herzerkrankungen, Spondylose und Kryptorchismus untersucht werden. Außerdem muss er eine Zuchtzulassung, in der das Wesen und der Formwert geprüft wird, und eine Ausdauerprüfung bestehen. Hunde, bei denen mehr als ein Drittel der Körperfarbe weiß ist, werden nicht zur Zucht zugelassen. Wie es dazu kam und ob dies heute noch sinnvoll ist, soll in dieser Arbeit erläutert werden.
Die Zahl der Tiere, die nach dieser Auslese übrig bleibt, wird immer geringer, was sich auch in dem starken Rückgang der Teilnehmer an den Zuchttauglichkeitsprüfungen (ZTP) wiederspiegelt (1998: 663 Teilnehmer, 1999: 528 T., 2000: 467 T.) (Daten aus Zuchtbuch 1998, S.137 und Stöhler, Zuchttauglichkeitsprüfungen, Boxer-Blätter 2/2001, S.89). Dies schränkt den Genpool, der durch einen verhältnismäßig hohen Inzuchtgrad sowieso schon seh0r klein ist, noch mehr ein. Durch die Einführung der Zuchtwertschätzung für HD und Kryptorchismus im Laufe des Jahres 2000 wird bereits versucht, eine übermäßige Selektion zu verhindern.
Es wäre unter diesen Umständen überlegenswert, die Zuchtpopulation des Deutschen Boxers zu vergrößern, indem man gesunde weiße oder gescheckte 0Boxer, d.h. Hunde, bei denen die Grundfarbe durch mehr als ein Drittel Weiß verdrängt wird, mit in die Zucht nimmt. Der Einfachheit halber wird im weiteren Text nur von Weißen gesprochen werden, obwohl damit auch die Schecken gemeint sein werden.
In dieser Arbeit wird nun zuerst die Herkunft und Historie des weißen Boxers e0rläutert.
Im zweiten Kapitel wird dann das Thema behandelt, wie die weiße Farbe entsteht und vererbt wird, um schließlich zum vermeintlichen Zusammenhang zwischen dem Weißscheckungsgen und gesundheitlichen Problemen insbesondere der Taubheit zu kommen.
II. Hauptteil
1.  Der weiße Boxer im Wandel der Zeiten
1.1.Ahnen des Deutschen Boxers
Die Vorläufer des heutigen Deutschen Boxers waren vor allem der Brabanter Bullenbeißer, auch Bärenbeißer genannt, und die englische Bulldogge.
Der Brabanter Bullenbeißer war ein Jagd- und Hetzhund, der die „ Bären hin und her zwacken [mußte], [...], bis die Hunde müde und die Herrschaft überdrüssig [wurde]...“.
Er war mittelgroß, hatte eine breite Brust und einen kurzen dicken Kopf, eine „kurz aufgeworfene Nase“, kupierte Ohren und Vorbiss. Ihre Farbe war meistens „gelblich oder braunstreifig“ (also gestromt) und „schwartz umb das Maul“. (alle Zitate aus: Räber, Enzyklopädie der Rassehunde, 1993, S.409 nach Fleming, Der vollkommene Teutsche Jäger, 1719)
Immer wieder wurden englische Mastiffs in die Bullenbeißer eingekreuzt (Räber, 1993, S.411).
Eine wichtige Rolle spielte außerdem die englische Bulldogge, denn noch zu Beginn der planmäßigen Zucht des Boxers wurden „englische Bulldoggen zu Boxern umfunktioniert“ (Räber, S.411). Von den englischen Bulldoggen hat der Boxer das Weißscheckungsgen, was sich auch darin wiederspiegelt, dass damals fast vollständig weiße Boxer „eine verzweifelte Ähnlichkeit mit jenen Bulldogs [hatten], die seinerzeit in Deutschland auf Ausstellungen zu sehen waren“ (Räber, S.411 nach Strebel, Die deutschen Hunde, 1905). Dunkle Hunde dagegen erinnerten mehr an den alten Bullenbeißer.
Als Stammeltern aller Boxer bezeichnet man heutzutage Mühlbauer’s Flocki und Meta v.d. Passage.
Flocki war der Sohn von Tom, einem englischen Bulldogrüden, und einer gescheckten Boxerhündin.
Meta war weiß mit dunklen Kopfplatten. Ihre Eltern Piccolo v. Angertor und Blanka v. Angertor waren ebenfalls weiß. Blankas Vater war der schon erwähnte englisch Bulldog-Rüde Tom. (Räber, S.412+414)
        
Meta von der Passage                         Mühlbauer’s Flocki
1.2.Geschichte des weißen Boxers
Führt man sich vor Augen, welch eine wichtige Rolle die weißen Boxer in den Anfängen der Boxerzucht hatten (siehe z.B. die Stammmutter der Boxer), fragt man sich natürlich, wie es dazu kommen konnte, dass heute viele Menschen gar nicht wissen, dass sie überhaupt existieren.
Der Chronik des Boxer-Klubs e.V. Sitz München (BK) ist zu entnehmen, dass auf der Hauptversammlung (HVS) Anfang 1927 beschlossen wurde, schwarze und „weiße Scheckenboxer, deren Grundfarbe als Weiß zu bezeichnen ist, nicht mehr [einzutragen].“(Stockmann, Chronik des BK, BB 5/95, S. 448)
1934 aber wurde dieser Beschluss zurückgenommen, nachdem Frau Stockmann, die die Boxerzucht mit ihrem Zwinger „v. Dom“ entscheidend beeinflusst hat, sich „vehement für die Schecken eingesetzt [hatte]“ (Räber, Enzyklopädie der Rassehunde, 1993, S.415). 1933 schrieb sie in den Boxer-Blättern, dass Typ und gesundes Gebäude wichtiger seien als die Farbe, und über den Begriff „Schönheit“ lasse sich ohnehin streiten. (Räber, S.415) Auch andere Boxer-Liebhaber waren dieser Ansicht, so dass 1936 jemand in den Boxer-Blättern schrieb: „Der Farbenfimmel hat unserem Boxer im Laufe der Zeit bestimmt geschadet. Die Farbe des Boxers ist und bleibt Geschmackssache,...“ (zitiert in Räber, S.415)
Dies verhinderte aber nicht, dass 1937 auf der HVS in München „die Zahl der Scheckenboxer, die in einem Wurf aufgezogen werden dürfen, [...] eingeschränkt [wurde]“ (Stockmann, Chronik..., S.461).
Anfang 1939 wurde die Reichsfachgruppe „Deutsches Hundewesen“ zum selbstständigen Reichsverband erhoben. Damit war sie fortan dem Oberkommando des Heeres unterstellt. Dies führte dazu, dass Scheckenboxer verboten wurden. Am 1.Juli 1941 wurde dies noch ausgeweitet, indem „Scheckenboxer sowie schwarze und weiße Welpen sofort nach der Geburt zu töten sind“ (Stockmann, Chronik, S.465). Weiß oder Gescheckt ist nun einmal keine gute Tarnfarbe für einen Militärhund. Die Schwarzen wurden aus der Zucht genommen, weil sie von einem Schnauzer abstammten. Damit vertrat der Boxer-Klub den Standpunkt, dass die schwarze Farbe „artfremd“ sei und von daher nicht anerkannt werden könne.(Stockmann, Ein Leben mit Boxern, 1987, S.126)
Diese Bestimmung wurde nicht mehr geändert, bis Ende der 70’er Jahre das neue Tierschutzgesetz herauskam, welches unter anderem besagt, dass keine Wirbeltiere ohne triftigen Grund getötet werden dürfen. Der Boxer-Klub versuchte noch gegen dieses Gesetz anzugehen, indem er von Prof. Dr. Wegner ( Tierärztliche Hochschule Hannover) ein Gutachten darüber einholte, „ob es aus genetischen und medizinischen Gründen vertretbar [sei], dass Hundezüchtern geboten wird, weiße Boxerwelpen zu töten“ (Wegner, Kleine Kynologie, 1995, S.273).
Prof. Dr. Wegner antwortete aber, „dass [er] das Töten von Welpen aus rein farbformalistischen Erwägungen verurteile. Die Weißscheckung beim Boxer [sei] mit keinen offensichtlichen Missbildungen verknüpft“ (Wegner, S.274).
Infolgedessen werden seit dem 1.1.1979 weiße Welpen wieder in das Zuchtbuch eingetragen, dürfen aber nicht zur Zucht eingesetzt werden.


 

1.3.Heutige Situation des weißen Boxers
Trotz des neuen Tierschutzgesetzes, welches nun inzwischen seit gut 20 Jahren in Kraft ist, sieht man immer noch nicht sehr viele weiße Boxer. Viele Menschen haben überhaupt noch nie einen gesehen. Wie kann so etwas möglich sein, wenn doch bei einer Verpaarung, wo beide Eltern farbig, aber dabei weißerbig sind, nach den Mendelschen Gestzen 25 % Weiße fallen müssen (siehe Vererbung der weißen Farbe, Kap.2.1.)?
Dies ist damit zu erklären, dass viele Züchter nur solche Paarungen vornehmen, bei denen erst gar keine Weißen fallen. Ebenfalls ein großer Teil tötet sie immer noch direkt nach der Geburt mit dem Hinweis im Zuchtbuch, dass sie lebensschwach gewesen wären. Andere behaupten einfach, dass keine Weißen im Wurf gewesen wären.
Einige von den Züchtern, die Weiße großziehen, beschränken dies aber nur  auf die Hündinnen, weil sich Rüden zu Kryptorchiden entwickeln könnten, was die Mängelbelastung des Wurfes erhöhen würde.
Im Schnitt werden nur 21 % der Weißen, die laut Zuchtbuch geworfen wurden, großgezogen (Zuchtbücher des BK). Tatsächlich wird diese Zahl sicherlich noch etwas niedriger sein, weil man ja nicht genau weiß, wie viele Weiße direkt nach der Geburt verschwinden. In unserem Zwinger sind bis jetzt 8 Weiße gefallen, wovon 2 totgeboren sind, was auch der „normalen“ totgeborenen und verendeten Rate beim Boxer entspricht, die im Moment bei 26,5 % liegt (Gerwin, Das Zuchtgeschehen im Jahre 2000, BB 4/2001, S. 243). Das heißt, dass mindestens 52,5 % der Weißen immer noch eliminiert werden.
Die Zahl der Weißen, die in das Zuchtbuch eingetragen wird, nimmt allerdings seit 1979 kontinuierlich zu, wenn auch der Prozentsatz immer noch sehr klein ist, wie der nachfolgenden Statistik über die Anzahl weißer und farbiger zum Zuchtbuch gemeldeter Welpen von 1979 bis 1998 zu entnehmen ist.


 

Aufteilung der zum Zuchtbuch gemeldeten Welpen in Weiße und Farbige:

 

Farbig

Weiß
Gesamt
1998
2321
96,3 %
88
3,7 %
2409
1995
2691
98,5 %
42
1,5 %
2733
1990
2350
99,2 %
18
0,8 %
2368
1985
2668
99,9 %
4
0,1 %
2672
1979
3509
99,9 %
4
0,1 %
3513
(Daten aus den Zuchtbüchern des BK aus den entsprechenden Jahren)

 

In der nächsten Statistik kann man erkennen, dass etwas mehr Hündinnen großgezogen werden als Rüden.
Verteilung der Geschlechter bei den zum Zuchtbuch gemeldeten weißen Welpen:
Hündin
Rüde
1998
48
40
1995
24
18
1990
11
7
(Daten aus den Zuchtbüchern des BK aus den entsprechenden Jahren)
Die Weißen dürfen nicht, wie schon gesagt, zur Zucht eingesetzt und nicht auf Ausstellungen vorgeführt werden. Man kann aber mit ihnen Prüfungen ablegen und sie seit 1996 auch auf Siegerprüfungen des Leistungswesens führen. Schließlich dürfen auch Kryptorchide daran teilnehmen.
Bei der Deutschen Jugendmeisterschaft 2000 konnte der weiße Boxerrüde „Blanco v. Ochtenumdeich“ sogar den 3. Platz belegen (Zawatzki, 2. Deutsche Jugendmeisterschaft 2000 in Oldenburg, BB 7/2000, S.526).


 

2.  Farbgenetik

 

2.1.Vererbung der weißen Farbe
Die Farben beim Boxer werden nach den Mendelschen Gesetzen vererbt. Der Boxer hat in jedem Fall eine Grundfarbe, die entweder gelb oder gestromt ist, wobei gestromt dominant über gelb ist (Schleger, Hundezüchtung in Theorie und Praxis, 1986, S.197). Von der Grundfarbe unabhängig wird die weiße Farbe durch das Weißscheckungsgen weitergegeben, das die Grundfarbe in unterschiedlichem Maße verdrängt; wenig weiß ist dabei dominant über viel weiß (Schleger, S.199). Das Weißscheckungsgen wird autosomal rezessiv vererbt, wobei das Gen für „Grundfarbe“ unvollständig dominant ist, so dass Hunde, die heterozygot sind, weiße Abzeichen haben (Burns und Fraser, Die Vererbung des Hundes, 1968, S.70). Wie ausgedehnt die weißen Abzeichen bei einem heterozygoten Tier sind, ist verschieden. Der Grund dafür ist noch nicht geklärt, man nimmt jedoch an, dass dies auf die  „Gegenwart modifizierender Gene“ zurückzuführen ist (Burns&Fraser, S.70). Auf jeden Fall ist das Weiß zuerst an Brust und Pfoten zu finden, dann an Bauch, Schnauze und Schwanzspitze. Wenn ausgedehntere weiße Abzeichen vorhanden sind, dann umfassen sie die Läufe und breiten sich um den Hals aus (Burns&Fraser, S.70).
Als Beispiel für die Vererbung der weißen Farbe ist auf der nächsten Seite ein Stammbaum aus dem Boxerzwinger v.d. Burg Medinghoven aufgeführt:
       = Rüde                                         = weißer oder gescheckter Hund
       = Hündin                          = farbiger Hund mit weißen Abzeichen
= farbiger Hund fast ohne weiße Abzeichen


 

1. Wurf

2. Wurf
3. Wurf


 

4. Wurf

5. Wurf
Die Rezessivität des Weißscheckungsgens ist in diesem Stammbaum leicht erkennbar, denn in dem ersten Wurf ist der bekanntermaßen nicht weißerbige, also für „Grundfarbe“ homozygote Rüde „Baron v. Schloß Fasanerie“ der Vater, welcher auch selber keinerlei weiße Abzeichen aufweist. Wie zu erwarten fielen keine weißen Welpen. Interessanterweise hatten aber die Welpen überwiegend ausgedehnte weiße Abzeichen (also weiße Läufe, Halskrausen und  viel weiß an Brust und Kopf). Damit hatten sie mehr weiß, als die Welpen aus späteren Würfen, die aus heterozygoten Verpaarungen kamen. Die Mutter dieses und des nächsten Wurfes „Eika v. Bleibach“ hat ein Weißscheckungsgen, was man auch an ihrer Zeichnung erkennt. Der Vater des zweiten Wurfes „Xerxes v. Markgrafenschloß“ ist ein gelber Rüde mit weißen Abzeichen, der schon bewiesen hatte, dass er weiße Welpen bringt. Es waren denn auch drei weiße Welpen in dem Wurf. Dies zeigt, dass das Merkmal „weiß“ rezessiv ist, denn andernfalls hätte ein Elternteil weiß sein müssen.
In allen fünf Würfen sind nur dann die Welpen weiß, wenn sie von beiden Eltern ein Weißscheckungsgen bekommen haben. Außerdem ist die Gesamtzahl der weißen Welpen in den letzten vier Würfen zusammengezählt, wo die Eltern jeweils heterozygot sind, genau 25 %; das entspricht der nach den Mendelschen Gesetzen zu erwartenden Häufigkeit.
Die Autosomalität ist in diesem Stammbaum nicht ohne weiteres zu erkennen. Dennoch muss die Weitergabe des Weißscheckungsgenes autosomal sein, denn wenn es ein x-chromosomaler (=gonosomaler) Erbgang wäre, könnte kein Rüde farbig mit weißen Abzeichen sein, da das y-Chromosom „genleer“ ist und auf dem x-Chromosomen dann lediglich ein Gen für Grundfarbe bzw. für Weißscheckung liegt.
Im Wesentlichen bestimmen also zwei Gene die Farbe des Boxers, wobei die Farbtöne, also z.B. von goldgelb bis braunrot, nicht berücksichtigt sind.
Das Gen für Grundfarbe hat die Allele G = gestromt und g = gelb.
Das Gen für Weiß hat die Allele S = kein weiß und s= weiß.
Es ergeben sich dann folgende Genotypen und die dazugehörige Farben des Phänotyps:

Phänotyp

Genotyp
Gestromt ohne weiße Abzeichen
GG SS oder Gg SS
Gestromt mit weißen Abzeichen
GG Ssw o. Gg Ssw
Weißschecke mit Grundfarbe gestromt
GG swsw o. Gg swsw
Gelb ohne weiße Abzeichen
gg SS
Gelb mit weißen Abzeichen
gg Ssw
Weißschecke mit Grundfarbe gelb
gg swsw
Auf dem folgenden Foto sind drei Hündinnen aus dem E-Wurf des Zwingers „von der Burg Medinghoven“ zu sehen:
Ev                                Esca                            Esther
Ev ist eine Hündin mit dem Genotyp „gg SS“, denn wie man sieht, hat sie lediglich an der Brust etwas weiß. Diese Hündin wird damit nicht weißerbig sein.
Esca hat den Genotyp „gg swsw “. Sie ist völlig weiß geboren worden, mittlerweile hat sie aber über den ganzen Körper verteilt Pigmentflecken. Diese Pigmentierung, die mit dem Älterwerden immer intensiver wird, ist auch bei farbigen Welpen mit weißen Abzeichen zu beobachten, welche ebenfalls mit rosa Nasen geboren werden. Im Laufe der Entwicklung färben sich die Nasen schwarz und ein feiner Nasenstrich verschwindet in der Regel völlig. (siehe nebenstehendes Welpenfoto)
Esther nun mit dem Genotyp „gg Ssw “ hat relativ viel Weißzeichnung und ist weißerbig.
Die Häufigkeit von Weißschecken bestimmt sich nach den Mendelschen Gesetzen nach folgender Verteilung:
o.Abz. = farbig ohne weiße Abzeichen
m.Abz.= farbig mit weißen Abzeichen

Genotyp der Eltern
Phänotyp der Eltern
Genotyp der
Welpen
 Phänotyp der Welpen
1.
SS und SS
o.Abz. & o.Abz.
SS
100 % o.Abz.
2.
SS und Ssw
o.Abz. & m.Abz.
SS und Ssw
50% o.Abz. u. 50%m.Abz.
3.
Ssw und Ssw
m.Abz.&m.Abz.
SS und Ssw und swsw
25 % o.Abz., 50 % m.Abz. und 25 % weiß
4.
swsw und SS
weiß & o.Abz.
Ssw
100 % m.Abz.
5.
swsw u. Ssw
weiß & m.Abz.
Ssw und swsw
50 % m.Abz. u. 50% weiß
6.
swsw u. swsw
weiß & weiß
swsw
100 % weiß
(vgl. Pariseau, The Inheritance of Marking Pattern in the Boxer Breed, 1998)
Im Moment werden lediglich nach den ersten drei Möglichkeiten Paarungen vorgenommen.
Man beachte, dass bei Möglichkeit 4. trotz eines weißen Paarungspartners nur farbige Boxer fallen werden.
Wie man sieht, kann man die Wahrscheinlichkeit, wie viele Welpen o.Abz., m.Abz. oder weiße in einem Wurf liegen werden, genau vorhersagen.
Deshalb ist eine Statistik über die Häufigkeit weißer Nachkommen bei einem Rüden nicht sehr aussagekräftig. Wenn die Prozentzahl weißer Nachkommen bei weißerbigen Rüden unterschiedlich ist, liegt dies nur daran, dass entweder besonders viele nicht-weißerbige Hündinnen zu dem Rüden gekommen sind oder überdurchschnittlich viele weiße Welpen nach der Geburt unterschlagen wurden. Außerdem kann man aus der Statistik ersehen, dass bei Rüden mit vielen Welpen der Prozentsatz der Weißen ungefähr gleich ist, weil bei ihnen in etwa die gleiche Anzahl der oben genannten Effekte auftritt. Auch ist es eindeutig, dass Rüden, die nicht weißerbig sind, bevorzugt eingesetzt werden, denn von den 11 hier abgedruckten Rüden sind 5 nicht weißerbig. Das sind fast 50 %, obwohl bei einem Wurf, wo beide Eltern farbig aber dabei weißerbig sind, nur 25 % nicht weißerbige Hunde fallen.
Als Verdeutlichung ist auf der nächsten Seite eine Tabelle, welche aus den Daten des Computerauszuges vom 21.12.00 (veröffentlicht in den BB 1/2001, S.12/13) zusammengestellt ist. Es sind in folgender Tabelle allerdings nur die Rüden berücksichtigt, welche mehr als 170 Welpen haben.


 

 


Name des Deckrüden

ZB-Nr.
Welpen
Anzahl

Weiße          %

Peter v. Kiliansblick
191840
202
28
13,9
Ibsen von der Sembacher Flur
195218
618
66
10,7
Boy v. Hochwald
195310
391
-
-
Portus von der Friesenperle
197741
173
-
-
Robin von Maximilian
199343
213
31
14,6
Gito du Clos de Maix
200646
539
-
-
Fausto von Santana
201262
244
26
10,7
Buddy von Süd-West
204294
197
-
-
Roy van Sapho’s Hoeve
205121
190
22
11,6
Plato van de Hazenberg
B-666784
557
-
-
Urban van de Hazenberg
B-770420
187
17
9,1
Das einzig interessante also, was man in solch einer Tabelle sieht, ist, ob der Rüde überhaupt weiß vererbt oder nicht. Wenn er weiß vererbt, vererbt er immer gleich viel. Nämlich mit einer nicht-weißerbigen Hündin gar keine und mit einer weißerbigen Hündin 25 % Weiße.
2.2.Biochemische Entstehung der weißen Farbe
Die weiße Farbe beim Hund ist auf verschiedene biochemische Vorgänge zurückzuführen, d.h. es gibt verschiedene Ursachen, warum ein Hund weiß aussieht.
Träger der Farbe ist das Pigment, dessen chemische Grundlage das Melanin ist. Das Melanin entsteht durch oxydative Reaktionen unter Mithilfe des Enzyms Tyrosinase aus der Aminosäure Tyrosin.
Fehlt also eines der beiden Reaktionspartner, Tyrosin oder Tyrosinase, kann keine Färbung zustande kommen.
Hunde, denen die Aminosäure Tyrosin fehlt, sind Albinos, denn sie können, selbst wenn die Tyrosinase vorhanden ist, kein Pigment ausbilden. Solche Hunde haben rote Augen, da der stark durchblutete Augenhintergrund durchscheinen kann.
Ist keine Tyrosinase vorhanden, kann lediglich ein kleiner Teil des Tyrosins durch andere Mechanismen zu Melanin oxidiert werden. Dies ist aber auf das Auge beschränkt, so dass solche Tiere blaue Augen haben und ansonsten natürlich strahlend weiß sind.
Welche biochemischen Mechanismen die Weißscheckung verursachen, ist bisher nicht bekannt. Man vermutet jedoch, dass „ein lokal begrenzter Tyrosinasemangel für die weißen Abzeichen verantwortlich ist.“ (Schleger, Hundezüchtung in Theorie und Praxis, 1986, S.199)
Auf gar keinen Fall jedenfalls sind die weißen Boxer Albinos, denn sie haben dunkle Augen, schwarze Nase und Lefzen und auf der ganzen Haut verteilt dunkle Pigmentflecken. Teilweise haben sie sogar große gelbe oder gestromte Platten.


 

3. Zusammenhang zwischen der weißen Farbe und gesundheitlichen
    Problemen
3.1.Allgemeines
Ob die weißen Boxer anfälliger für Krankheiten und Allergien sind, ist nicht bewiesen und kann im Moment auch gar nicht untersucht werden, weil es da
zu viel zu wenig weiße Tiere gibt.
Aus eigener Erfahrung mit weißen Boxern kann gesagt werden, dass sie keineswegs kränker als farbige Boxer sind. Die älteste weiße Boxerhündin aus unserem Zwinger ist mittlerweile sechs Jahre alt und lebt in Südfrankreich, in einer Gegend also, wo die Sonneneinstrahlung besonders hoch ist. Dennoch hat sie keinerlei Hautprobleme.
Diese eigene Erfahrung wird noch dadurch bestätigt, dass andere Rassen, die wie der weiße Boxer das Weißscheckungsgen haben, wie z.B. der Dalmatiner oder Bullterrier (Juraschko, Populationsgenetische Untersuchung der kongenitalen Taubheit beim Dalmatiner, 2000, S.25), auch nicht besonders krankheitsanfällig sind. Der Bullterrier gilt sogar als besonders widerstandsfähig (Burns&Fraser, Die Vererbung des Hundes, 1968, S.204).
Der Dalmatiner hat eine Besonderheit im Purinstoffwechsel, wodurch er zu Harnsäuresteinen neigt. Diese Besonderheit hat aber keine andere Rasse. (Wegner, Kleine Kynologie, 1995, S.147)
Ein zweiter „Fehler“ des Dalmatiners sind die manchmal auftretenden blauen Augen, ein- oder beidseitig. Diese soll es auch gelegentlich bei weißen oder gescheckten Boxern geben (Dietz, 02.01.2001), während bei farbigen Boxern keine Blauäugigkeit bekannt ist (Rezewski, langjährige Zuchtleiterin im BK, 20.04.2001). Hunde mit blauen Augen sollen eindeutig häufiger Augenanomalien haben und taub sein (Wegner, Kleine Kynologie, 1995, S.247/248 und Juraschko, Populationsgenetische Untersuchung ..., 2000, S.100/101). Deshalb haben Dalmatiner mit blauen Augen Zuchtverbot. Ob allerdings das Gen für blaue Augen mit dem Weißscheckungsgen gekoppelt ist, wird an der Tierärztlichen Hochschule Hannover gerade untersucht. Zu der Taubheit bei Dalmatinern kommen wir im nächsten Kapitel.
Beim Boxer wurde immer wieder versucht, die weiße Farbe herauszuzüchten, so z.B. in dem Zwinger „Ben Satan“ von Dres. Menzel und in dem italienischen Zwinger „Virmar“. Die Boxer zeigten aber „wegen der Abwesenheit [von] Weißträgern“ hohe Qualitätsverluste bezüglich der Vitalität, des Types, des Knochenbaus und der Farbe (Bosi, Die Farben vom Boxerfell und Brinkmann, Weißerbigkeit, BB 12/1996, S. 966), so dass diese Versuche aufgegeben wurden.

 

 

3.2.Taubheit

 

Es hält sich standhaft der Glaube unter den Boxerfachleuten, dass die weißen Boxer taub und blind wären, wenn auch nicht alle, so doch der größere Teil. Warum dies so sein soll, wird nirgends erläutert, man soll einfach akzeptieren, dass es so ist. Außerdem bräuchte man sich nur den Dalmatiner anschauen, dann sähe man, dass es wirklich so ist. Denn jeder muss zugeben, dass der Dalmatiner erstens das Weißscheckungsgen, wie auch der Boxer, hat und zweitens ein nicht geringer Prozentsatz dieser Rasse taub ist.
Nun wies Hirschfeld aber schon 1956 durch Testpaarungen nach, dass „Taubheit und weißes Fell, wenn überhaupt, keineswegs eng miteinander gekoppelt zu sein brauchen“ (Burns&Fraser, Die Vererbung des Hundes, 1968, S.101).
Dies wurde jetzt in einer Dissertation, die im Jahr 2000 an der Tierärztlichen Hochschule Hannover geschrieben wurde, bestätigt. Dazu wurde mit Hilfe von Varianzkomponentenschätzung und komplexen Segregationsanalysen Hörtestergebnisse von Dalmatinern analysiert. Dabei wurde unter anderem die Beziehung zwischen dem Merkmal kongenitale, sensorineurale Taubheit und Fell- und Augenfarbe, Vorhandensein von Platten, Geschlecht, und dem Inzuchtkoeffizienten untersucht. Als Ergebnis kam heraus, „dass das Allel sw, das in der Rasse Dalmatiner genetisch fixiert ist, nicht für die kongenitale, sensorineurale Taubheit verantwortlich gemacht werden kann“ (Juraschko, Populationsgenetische Untersuchung der kongenitalen Taubheit beim Dalmatiner, 2000, S.105), d.h. die Taubheit wird beim Dalmatiner unabhängig von der weißen Farbe vererbt. Es ist aber eine signifikante Assoziation zwischen dem Auftreten von blauer Augenfarbe und kongenitaler, sensorineuraler Taubheit gefunden worden (Juraschko, S. 100/101). Die Blauäugigkeit aber geht mit „Anomalien des Sehorgans, nämlich des Augenhintergrundes“, einher (Wegner, Kleine Kynologie, 1995, S.248).
Es spricht sehr viel dafür, dass es sich auch bei den Boxern ähnlich verhält. Außerdem haben die englischen Bulldoggen, von denen, wie schon im ersten Kapitel gesagt, der Boxer das Weißscheckungsgen geerbt hat, keine Gehörprobleme (Preston, Geschäftsstelle des ACEB, 14.01.2001), obwohl bei dieser Rasse mit viel weiß gezüchtet wird. Schon von daher mutet es einen sehr seltsam an, warum der weiße Boxer, der ja ein Nachkomme der englischen Bulldogge ist, Gehörprobleme haben soll. Bei weißen Boxern mit blauen Augen ist aber zu vermuten, dass sie möglicherweise wie die blauäugigen Dalmatiner Probleme mit Augen und Ohren haben.


 

III. Schluss

 

Mit den Erkenntnissen dieser Arbeit kann man sagen, dass eigentlich nichts dagegen spricht, die Weißen zur Erweiterung der Zuchtbasis und damit auch des Genpools mit in die Zucht zu nehmen. Wenn man kein Risiko eingehen möchte, könnte man als ersten Schritt die Vorschrift erlassen, dass die Weißen nur mit nicht weißerbigen Boxern gepaart werden dürfen, denn in solch einem Wurf werden nur farbige Welpen fallen. Außerdem kann man das ganze Vorhaben unter wissenschaftlicher Begleitung angehen, so dass von kompetenter Seite geklärt wird, welche positiven oder negativen Einflüsse der weiße Boxer auf die Zucht hat.
Ich denke aber, dass in dieser Arbeit gründlich mit den Vorurteilen aufgeräumt wurde, dass die Weißen häufiger taub und blind seien und überhaupt kränker als die farbigen Boxer. Die einzigen Hunde, die wahrscheinlich tatsächlich eher taub sind und Augenanomalien haben, sind die weißen Boxer mit blauen Augen. Diese Tiere sollte man deshalb auch weiterhin besser von der Zucht ausschließen.
Positive Effekte würde die Zulassung von weißen Boxern zu Zuchtprüfungen und Zuchtschauen in jedem Fall für die Nachzuchtkontrolle haben, denn auch weiße Boxer zeigen die Mängel und Vorzüge ihrer Eltern. In manch einem Weißen sind die Vorzüge der Eltern durch den genetischen Zufall eher ausgeprägt als bei seinen farbigen Geschwistern.
Literatur- und Quellenverzeichnis

 

·         Bosi, Tomaso: Die Farben vom Boxerfell, in: International Boxer Magazine

·         Boxer-Klub e.V. Sitz München: Computerauszug Zuchtbucheintragungen bis ZB-Nr. 218033 am 21.12.2000, in: Boxer-Blätter 1/2001, S. 12-13
·         Boxer-Klub e.V. Sitz München: Zuchtbücher 1979-1999
·         Brinkmann, R.: Weißerbigkeit; Ursachen, Vererbung und Bedeutung, in: Boxer-Blätter 12/1996, S. 966-967
·         Burns, Marca und Fraser, Margaret N.: Die Vererbung des Hundes, Grundlagen einer erfolgreichen Hundezucht, Reutlingen, 1968, Oertel & Spörer
·         Dietz, Silvia; Hanau: mündliche Auskunft vom 02.01.2001
·         Fleming: Der vollkommene Teutsche Jäger, 1719 zitiert nach H. Räber, 1993
·         Gerwin, Inge: Das Zuchtgeschehen im Jahre 2000, in: Boxer-Blätter 4/2001, S. 242-244
·         Juraschko, Kathrin: Populationsgenetische Untersuchung der kongenitalen Taubheit beim Dalmatiner, Hannover, 2000, Dissertation an der Tierärztlichen Hochschule Hannover
·         Pariseau, Beth: The Inheritance of Marking Pattern in the Boxer Breed, 1998, http://frontpage.lightspeed.net/bixl/marking.htm
·         Preston, Jutta; Oberhausen: mündliche Auskunft vom 14.01.2001
·         Räber, Hans: Enzyklopädie der Rassehunde, Band 1, Stuttgart, 1993, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co.
·         Rezewski, Karin; Bremen: mündliche Auskunft vom 20.04.2001
·         Schleger, Walter und Stur, Irene: Hundezüchtung in Theorie und Praxis, Ein genetischer Leitfaden für erfolgreiche Rassehundezucht, Wien, 1986, 2. Auflage, Jugend und Volk Verlagsgesellschaft m.b.H.
·         Stockmann, Friderun und Möller, Theo: Chronik des Boxer-Klub e.V . Sitz München von 1895 bis 1956 in: Boxer-Blätter 5/1995, S. 427-465
·         Stockmann, Friderun: Ein Leben mit Boxern, Weiden, 1987, Gollwitzer
·         Stöhler, Alfred: Zuchtleiterin und AZKW informieren, Zuchttauglichkeitsprüfungen, in: Boxer-Blätter 2/2001, S. 89
·         Strebel: Die deutschen Hunde, 1905 zitiert nach H. Räber, 1993
·         Wegner, Wilhelm: Kleine Kynologie, Konstanz, 1995, Terra-Verlag


·         Zawatzki, Norbert: 2. Deutsche Jugendmeisterschaft in Oldenburg, in: Boxer-Blätter 7/2000, S. 526-527